Treffen Sie zwei Wagemutige, die in ihrem Porsche Boxster von England bis in die Sahara fuhren
Gestern um 03:58 AM
„Ooh la la Habibi!", rief der aufgeregte Teenager vom Bürgersteig, als wir uns durch den dichten Sonntagabendverkehr in Tangers grünem Außenbezirk Marshan schoben. Vielleicht ist die Auto-Spotting-Hürde in Marokko etwas geringer als anderswo. Aber ich schätze, meine Freundin Telle und ich fielen in unserem Porsche Boxster S der Generation 986 nicht nur wegen des britischen Kennzeichens besonders auf. Sondern auch durch den Staub auf der Karosserie nach einer 3.000 Kilometer langen Fahrt bis in die Wüste Sahara. In den letzten zwei Wochen, die wir im Land waren, hatte ich keinen anderen Sportwagen gesehen. Außer unseren kleinen Zweisitzer, ein Exot in einem Meer aus verbeulten französischen Kleinwagen, Abgase ausstoßenden Diesel-Trucks und dem ganzen Sammelsurium an Vehikeln, die auf den wilden Straßen Nordafrikas Anspruch auf den Status eines Fahrzeugs erheben.
Warum wir zwei Australier uns entschieden hatten, mit einem nicht mehr ganz taufrischen Boxster bis an den Rand der Sahara zu fahren, ist eine einfache und zugleich komplexe Frage. Nachdem wir sieben Jahre in Großbritannien gelebt hatten, empfanden wir es an der Zeit, unsere Zelte abzubrechen und in die Heimat zurückzukehren. Doch wir sehnten uns nach einem letzten Roadtrip, bevor wir den Boxster in einen Container packen und nach Down Under verschicken würden. Unser Ziel war die nördlichste Spitze der Sahara, die ungefähr so weit südlich liegt, wie man ohne eine Spezialexpedition problemlos fahren kann.
Als Australier hat man von Haus aus ein natürliches Gefühl der geografischen Isolation. Unsere Reisen finden entweder innerhalb der Grenzen unserer (zugegebenermaßen großen) Insel statt oder erfordern ein Flugzeug. Der Nervenkitzel, außerhalb von Calais Vollgas zu geben und in einem Auto, das man liebt, so schnell man sich traut ganze Länder zu durchqueren und dabei zu beobachten, wie sich Kultur und Küche verändern, ist eine Droge, die wir Aussies nicht kaufen können und die nie langweilig wird. Karten werden ausgerollt, Flaschen Wein geöffnet, Pläne geschmiedet. „Lass uns mit dem Boxster nach Afrika fahren!"
Nach Start in Cambridge rollten wir auf die 36-stündige Fähre von Portsmouth in die baskisch-nordspanische Stadt Bilbao und steuerten den Boxster von dort immer weiter nach Süden. Schon jetzt wurden die Architektur und die Küche Spaniens mit jedem Kilometer maurischer, erklärbar aus der langen arabischen Geschichte der Iberischen Halbinsel, die wir verpasst hätten, wären wir einfach nur geflogen. Die Entscheidung, einen Sportwagen für diesen Trip zu nehmen, machte sich jetzt schon bezahlt. Ein Geländewagen hätte uns später in Marokko sicherlich mehr Freiheit gegeben, tiefer in die Wüste vorzudringen, aber er hätte die Tausenden von Kilometern hin und zurück zu einer reinen Qual gemacht. Wir hingegen konnten echte Fahrstraßen aufspüren und jede Mautstelle im Geiste des Autojournalisten Richard Bremner, der 1985 für eine Titelstory des Magazins CAR mit einem Ferrari Testarossa von Maranello bis in die Wüste fuhr, hinter uns lassen. 20 Jahre später wiederholte übrigens Harry Metcalfe für „Harry's Garage" Bremners Husarenstück, ebenfalls mit einem Testarossa, nur diesmal wie nun auch wir von England aus.
In Algeciras verabschiedeten wir uns von Europa und fuhren mit der Fähre am Felsen von Gibraltar vorbei. Vom Oberdeck aus hatten wir Europa und Afrika gleichzeitig im Blick. Nachdem wir die erwartungsgemäß chaotische Zollkontrolle im Hafen von Tanger Med überstanden und an einem kleinen Stand eine lokale Versicherung abgeschlossen hatten (90 Euro in bar, Haftpflichtversicherung die einzige Option), waren wir in Marokko.
Unsere Route führte uns zunächst ins Landesinnere, anfangs auf verkehrsreichen, mit Schlaglöchern übersäten Straßen und über weite Ebenen mit Subsistenzfarmen und durch staubige, unscheinbare Städte. Ich gebe zu, dass ich mich in den ersten Stunden des Tages gefragt habe, warum wir diesen weiten Weg auf uns genommen hatten. Aber als wir den Aufstieg in das Anti-Atlas-Gebirge begannen, begann alles einen Sinn zu ergeben. Obwohl sich im Nachhinein herausstellte, dass dies in punkto Fahrbahnbeschaffenheit der bei weitem schlimmste Abschnitt der Reise war. Denn die Straßen in Marokko waren ansonsten größtenteils glatter und von besserer Qualität als die in Cambridgeshire.
Grotesk überladene Lkw, Polizeikontrollen im Halbstundentakt, Maultiere, die Karren zogen, und eine Geschwindigkeitsübertretung aus fadenscheinigen Gründen (30 Euro in bar, ohne Quittung) vermittelten uns das Gefühl, weit von zu Hause entfernt zu sein. Andererseits gaben uns die Freundlichkeit und Herzlichkeit der Marokkaner das Gefühl, in ihrem Land willkommen zu sein. Lkw-Fahrer schenkten uns ein strahlendes Lächeln und einen großen Daumen nach oben, Arbeiter in Tuk-Tuks feuerten uns an, sie mit Vollgas zu überholen (was wir gerne taten), und begeisterte Tankstellenangestellte fragten uns nach unserer Route. Wir beobachteten Gruppen von Schulkindern, die aufgeregt jedes Detail des geparkten Boxsters inspizierten, das Porsche-Wappen berührten und durch die Scheiben schauten. Ihre Begeisterung zeigte uns, dass unser Auto, auch wenn es in unserer kleinen Blase nur ein billiger alter Boxster ist, für viele der Seelen, mit denen wir diesen Planeten teilen, etwas Exotisches darstellt.
Wir erklommen das blau gefärbte Bergdorf Chefchaouen und fuhren dann weiter in Richtung Süden nach Fes, wo wir ein paar Tage lang die herrlich labyrinthische Medina zu Fuß erkundeten. Ich hatte auch etwas Zeit für Wartungsarbeiten eingeplant, aber der Boxster marschierte stoisch weiter, so dass ich wenig zu tun hatte, bevor wir den Anti-Atlas wieder hinunterfuhren und eine zunehmend trockene Landschaft bis zum kleinen Dorf Merzouga durchquerten. Unsere abgelegenste Station ist zwar eine Grenzstadt am Rande der Wüste, in Sichtweite der militarisierten Grenze zu Algerien, aber es gibt in der Gegend eine Vielzahl luxuriöser Riads, die auch für nicht ganz so Unerschrockene wie uns geeignet sind.
Als wir zum ersten Mal die hoch aufragenden Dünen am Horizont erblickten, war das ein Moment, der sich in unser Gedächtnis eingebrannte. Er wurde noch versüßt durch das Wissen, dass wir in einem 5000 Pfund teuren Boxster aus dem feuchten England bis hierher gefahren waren. Um die Wahrheit zu sagen, die Strecke nach Merzouga besteht größtenteils aus Asphalt von vernünftiger Qualität, mit Ausnahme der letzten 20 Minuten bis zu dem von uns gewählten Riad. Wir holperten über ein verwirrendes Netz aus meist felsigen, aber gelegentlich auch sandigen Pfaden. Manchmal setzten wir kurz mit dem Unterboden auf dem höchsten Punkt auf, sehr zur Belustigung der versammelten Touristen in ihren gemieteten Land Cruisern. Nachdem uns einige Schaulustige zuriefen, dass wir es niemals schaffen würden, war ich viel zu stolz, um zu riskieren, dass sie Recht behielten und ich die Schmach erleiden musste, einen Abschleppdienst anfordern zu müssen.
Mit ein bisschen mehr Gas und stärkerem Gegenlenken als es vielleicht nötig gewesen wäre, brachte uns der mutige Boxster am Ende direkt zum Riad – was wir mit einem kühlen Bier in der normalerweise trockenen Region feierten. Die 205 Africa Raid-Veranstaltung, die an diesem Abend im selben Riad stattfand, hatte praktischerweise ihre eigene gut gefüllte Bar für die Teilnehmer mitgebracht. Wir parkten inmitten eines Meeres von über 150 modifizierten Peugeot 205 und trafen in den Dünen sogar auf keinen Geringeren als den finnischen Rallye-Weltmeister Ari Vatanen – mit einem Glas Bier in der Hand!
Die Stille der Sahara beim ersten und letzten Licht war faszinierend, aber da der Wind immer stärker wurde, dabei den armen Boxster langsam sandstrahlte und es keine Anzeichen für eine Verbesserung der Bedingungen gab, checkten wir einen Tag früher als geplant aus und nahmen Kurs auf Marrakesch. Wir überquerten den 1.693 Meter hohen Tizi'n-Tinififft-Pass und übernachteten in Ouarzazate. Am nächsten Tag nahmen wir dann den berühmt-berüchtigten und 2.260 Meter hohen Tizi n'Tichka-Pass durch den Hohen Atlas in Angriff.
Man hatte mich vor der höchstgelegenen asphaltierten Straße Nordafrikas gewarnt und von gefährlichen Bauarbeiten berichtet, die zu tückischen, schlammigen und felsigen Pisten führen würden. Einige Freunde gingen sogar so weit zu sagen, dass die Straße ihrer Erfahrung nach für uns unpassierbar sei. Nun, ich freue mich, berichten zu können, dass die Straßenbauarbeiten (fast) abgeschlossen sind und der Tizi n'Tichka nun eine der besten „Driving roads" der Welt ist – die größten Risiken sind selbstverschuldet. Die Versuchung, das brillante Fahrwerk voll auszunutzen und auf dem 75 Kilometer langen Pass immer stärker auf die Bremse und das Gaspedal zu treten, war groß. Doch blieb der quälende Gedanke, verdammt weit von zu Hause entfernt zu sein und im Falle des Falles keine Unterstützung zu haben, tief in unserem Bewusstsein. Ein kleines Risiko ist es dennoch immer wert: Wenn man sich nach einer harten Abfahrt auf dem Weg nach Marrakesch die Bremsen verbrennt, ist das eine prima Geschichte für den Pub.
Am Ende schafften wir es zurück nach England, ohne auch nur den Werkzeugkasten einmal geöffnet zu haben - 5.443 Kilometer nach Afrika und zurück ohne eine einzige Panne. Ich hatte alle Hände voll zu tun, um den Sand aus scheinbar allen Öffnungen des Autos zu entfernen und den Boxster so für die strenge australische Quarantäne-Inspektion vorzubereiten. Nur zwei Wochen später wurde er dann in einen Container auf dem Weg nach Australien verladen. Doch auch wenn er im Februar dieses Jahres dort landet und ein neues, beschaulicheres Leben mit sonntäglichen Kaffeefahrten durch die Adelaide Hills beginnt, wird er für immer der Boxster sein, den wir bis an den Rand der Sahara gefahren haben.
Fotos von Andrew Coles